Veröffentlicht am März 15, 2024

Echte Trockenheit bei einer Regenfahrt kommt nicht von einer teuren Jacke allein, sondern von einem intelligenten System, das von innen heraus arbeitet.

  • Das Zwiebelprinzip ist kein Modetrend, sondern essenzielles Feuchtigkeitsmanagement, um Schweiß von der Haut wegzuleiten.
  • Technische Fehler (falscher Reifendruck, ineffiziente Heizung) und mentale Hektik sabotieren Komfort und Sicherheit mehr als der Regen selbst.

Empfehlung: Denke nicht in Produkten, sondern in Prozessen – von der Kleidung über die Fahrzeugtechnik bis zur mentalen Ruhe vor der Abfahrt.

Jeder erfahrene Fahrer kennt das Gefühl: Draußen prasselt der Regen gegen die teure, absolut dichte Membranjacke, doch innen macht sich eine unangenehme, klamme Kälte breit. Man ist nicht vom Regen nass geworden, sondern vom eigenen Schweiß. Die meisten Ratgeber konzentrieren sich auf die äußere Barriere – die Wassersäule der Kleidung, versiegelte Nähte oder wasserdichte Stiefel. Das ist wichtig, aber es ist nur die halbe Wahrheit und oft der Grund, warum Fahrten bei schlechtem Wetter zur Qual werden.

Der eigentliche Schlüssel zu Komfort und Sicherheit bei einer Abfahrt im Regen liegt nicht darin, Wasser nur auszusperren. Er liegt im intelligenten Management des Mikroklimas unter der Schutzkleidung. Es geht um ein ganzheitliches System, das beim Verlassen des Hauses beginnt und weit über die reine Materialauswahl hinausgeht. Denn was nützt die beste Gore-Tex-Ausrüstung, wenn grundlegende Fehler bei der Vorbereitung die gesamte Schutzwirkung zunichtemachen?

Aber was, wenn der wahre Feind nicht der Regen von außen, sondern die Feuchtigkeit von innen ist? Und wenn die größten Risiken nicht in der Nässe der Straße, sondern in der Hektik der letzten Minuten vor der Abfahrt liegen? Dieser Artikel bricht mit dem reinen Fokus auf Materialschlachten und zeigt dir, wie du ein lückenloses System für einen souveränen Start bei Nässe etablierst. Wir decken die oft übersehenen Aspekte ab – von der richtigen Schichtung der Kleidung über die mentalen Fallen bis hin zu den technischen Details, die den Unterschied zwischen einer miserablen Fahrt und einem souveränen Erlebnis ausmachen.

Für alle, die die wichtigsten Regeln für das Fahren bei Nässe visuell zusammengefasst bevorzugen, bietet das folgende Video eine hervorragende Ergänzung zu den detaillierten Vorbereitungen in diesem Guide.

Um diese Aspekte systematisch anzugehen, führt dich dieser Artikel durch die entscheidenden Phasen der Vorbereitung. Der folgende Inhalt ist dein Fahrplan, um nicht nur trocken, sondern auch sicher und entspannt am Ziel anzukommen, egal was der Himmel dir entgegenwirft.

Zwiebelprinzip: Wie schichtest du Kleidung, ohne die Beweglichkeit zu verlieren?

Das größte Missverständnis bei Regenbekleidung ist, dass eine dicke, wasserdichte Schicht ausreicht. In Wahrheit ist das Geheimnis trockenen Komforts ein aktives Feuchtigkeitsmanagement, das von innen nach außen arbeitet. Hier kommt das Zwiebel- oder 3-Schichten-System ins Spiel. Es geht nicht darum, sich wahllos einzupacken, sondern jede Schicht eine spezifische Aufgabe erfüllen zu lassen. Die erste Schicht direkt auf der Haut muss Schweiß abtransportieren. Baumwolle ist hier dein Feind; sie saugt sich voll und kühlt dich aus. Funktionsunterwäsche aus Merinowolle oder Kunstfasern ist die richtige Wahl.

Die zweite Schicht, der sogenannte Midlayer, ist für die Isolation zuständig. Ein Fleecepullover oder eine dünne Funktionsjacke speichert Körperwärme, ohne die Feuchtigkeit der ersten Schicht zu blockieren. Die Dicke wählst du je nach Außentemperatur. Erst dann folgt die dritte Schicht: deine eigentliche Motorradjacke. Sie ist die Schutzhülle gegen Wind, Wetter und im schlimmsten Fall den Asphalt. Eine gute Jacke hat eine Klimamembran, die von außen wasserdicht ist, aber von innen atmungsaktiv bleibt.

Detailaufnahme der verschiedenen Kleidungsschichten beim Motorradfahren

Die Wahl der richtigen Membran kann entscheidend sein. Technologien unterscheiden sich erheblich in ihrer Leistungsfähigkeit unter deutschen Wetterbedingungen, von kurzen Schauern bis zu Dauerregen auf der Autobahn.

Moderne Membrantechnologien für deutsche Wetterbedingungen
Membran Wassersäule Atmungsaktivität Ideal für
Gore-Tex Pro 28.000 mm Sehr hoch Starkregen/Dauertouren
Sympatex 45.000 mm Hoch Allwetter/Ganzjahreseinsatz
Dermizax 20.000 mm Extrem hoch Sport/Aktivtouren

Der wichtigste Schritt, der oft vergessen wird: der Beweglichkeitstest. Was nützt das beste System, wenn du dich nicht mehr bewegen kannst? Setze dich in voller Montur aufs Motorrad. Mache einen Schulterblick. Steige auf und ab. Rangiere ein paar Meter. Wenn etwas spannt, zwickt oder deine Bewegungsfreiheit einschränkt, ist die Kombination falsch und wird auf Dauer nicht nur unbequem, sondern auch gefährlich.

Wasser, Strom, Fenster: Was vergessen die meisten in der Hektik vor der Abfahrt?

Die Vorbereitung auf eine Regenfahrt endet nicht an der Haustür. Ironischerweise sind es oft die Dinge, die man zu Hause zurücklässt, die für den größten Stress sorgen – entweder unterwegs durch nagende Sorgen oder nach der Rückkehr durch böse Überraschungen. Die Hektik vor der Abfahrt, gepaart mit dem Fokus auf die Ausrüstung, lässt banale, aber kritische Haushaltsaufgaben in den Hintergrund treten.

Ein gekipptes Fenster, ein nicht zugedrehter Wasserhahn oder ein im Standby-Modus surrendes Elektrogerät sind klassische Fehler. Im digitalen Zeitalter kommen neue Risiken hinzu. Eine smarte Heizung, die im Normalbetrieb weiterläuft, verschwendet nicht nur Energie, sondern kann bei einem Defekt auch Risiken bergen. Eine durchdachte Checkliste für das „Verlassen des Hauses“ ist daher genauso wichtig wie die für das Motorrad selbst.

ADAC-Analyse: Typische Vergesslichkeiten vor Motorradtouren

Die Relevanz dieses Themas ist nicht zu unterschätzen. Eine ADAC-Umfrage unter 500 Motorradfahrern ergab, dass 68% mindestens einmal wichtige Vorbereitungen zu Hause vergessen hatten. Die häufigsten Versäumnisse waren nicht abgeschlossene Fenster (34%), vergessene Elektrogeräte im Standby-Modus (29%) und nicht informierte Nachbarn (24%). Die Konsequenzen reichten von kleinen Ärgernissen bis hin zu gravierenden Schäden wie Wasserschäden oder Einbrüchen, die durch offensichtlich verlassene Häuser begünstigt wurden.

Eine moderne Checkliste geht über das klassische „Licht aus, Tür zu“ hinaus. Sie integriert Smart-Home-Funktionen und digitale Vorkehrungen, um nicht nur Sicherheit zu gewährleisten, sondern auch Energie zu sparen und die Abwesenheit clever zu managen.

  • Smart-Home-Thermostate: Geräte wie tado° oder Homematic IP in den Urlaubsmodus versetzen, um bis zu 30 % Energie zu sparen.
  • Anwesenheitssimulation: Rollladen-Zeitschaltuhren programmieren, um das Haus bewohnt aussehen zu lassen.
  • Digitale Zugänge: Temporäre Zugangsberechtigungen für Nachbarn über Systeme wie Nuki einrichten, falls jemand nach dem Rechten sehen muss.
  • Zählerstände dokumentieren: Ein schnelles Foto von Strom-, Wasser- und Gaszähler vermeidet spätere Abrechnungsstreitigkeiten.
  • FI-Schutzschalter testen: Vor dem Abschalten einzelner Geräte den FI-Schalter prüfen. Bei längerer Abwesenheit den Hauptwasserhahn schließen.

Reifendruck bei kalten Reifen: Warum die Messung an der ersten Tankstelle falsch ist?

Es ist ein weit verbreiteter Irrglaube: Schnell zur nächsten Tankstelle fahren, um vor der großen Tour den Reifendruck zu prüfen. Doch genau hier liegt ein entscheidender Fehler, der besonders bei Nässe gravierende Folgen haben kann. Reifen erwärmen sich während der Fahrt durch Walkarbeit und Reibung. Warme Luft dehnt sich aus, der Druck im Reifen steigt. Wenn du also nach wenigen Kilometern an der Tankstelle misst, misst du einen bereits erhöhten Druck. Korrigierst du diesen Wert auf den Sollwert, hast du nach dem Abkühlen der Reifen zu wenig Druck – ein massives Sicherheitsrisiko.

Zu niedriger Reifendruck führt zu einem instabilen, schwammigen Fahrverhalten, erhöhtem Verschleiß und vor allem bei Nässe zu einem drastisch reduzierten Grip. Die Aufstandsfläche des Reifens verformt sich, das Profil kann das Wasser nicht mehr effektiv verdrängen, und die Gefahr von Aquaplaning steigt signifikant. Die Faustregel laut Reifenphysik-Grundlagen ist eine Veränderung von 0,1 bar pro 10°C Temperaturänderung. Eine Fahrt zur Tankstelle kann den Reifen leicht um 20-30°C erwärmen, was eine Druckerhöhung von 0,2-0,3 bar bedeutet – genau der Wert, der dir später fehlt.

Nahaufnahme einer Reifendruckmessung am Motorrad in der Garage

Die einzig korrekte Methode ist die Messung am kalten Reifen, also vor Fahrtantritt. Die Investition in einen eigenen, hochwertigen und kalibrierten Luftdruckprüfer ist eine der besten, die du für deine Sicherheit tätigen kannst. So bist du unabhängig von oft ungenauen Tankstellengeräten und kannst den Druck unter idealen Bedingungen in deiner Garage einstellen.

  • Messe immer bei kalten Reifen, idealerweise morgens vor der Fahrt.
  • Verwende einen eigenen, kalibrierten Luftdruckprüfer (ADAC-Testsieger bieten eine gute Orientierung).
  • Kalkuliere bei Höhenfahrten den Druckverlust ein: ca. 0,12 bar pro 1000 Höhenmeter.
  • Nach etwa 15-20 Minuten Fahrt gelten Reifen als „warm“. Ein um 0,2-0,3 bar höherer Wert ist dann normal und sollte nicht korrigiert werden.

Das Risiko des „Ich muss noch schnell“-Gedankens, der zu Unfällen führt

Die gefährlichsten Momente einer Motorradfahrt liegen oft direkt am Anfang. Die Ausrüstung ist noch ungewohnt, der Kopf ist noch bei den unerledigten Dingen zu Hause, und der Rhythmus mit der Maschine hat sich noch nicht eingestellt. In dieser kritischen Phase schleicht sich ein besonders gefährlicher Gedanke ein: die „Ich muss nur noch schnell“-Falle. „Ich muss nur noch schnell tanken“, „Ich muss nur noch schnell etwas aus dem Rucksack holen“. Diese mentalen Ablenkungen führen zu überstürzten Manövern, mangelnder Voraussicht und einer drastisch reduzierten Aufmerksamkeit für den Verkehr.

Statistiken untermauern diese Gefahr eindrücklich. Viele Unfälle, insbesondere Alleinunfälle, passieren nicht bei hoher Geschwindigkeit auf der Landstraße, sondern in den ersten Minuten der Fahrt im vertrauten Umfeld. Die Zahlen des Statistischen Bundesamtes sind eine deutliche Warnung: Laut einer Analyse passieren 21 % aller Motorradunfälle in den ersten 15 Minuten der Fahrt. In dieser Phase ist das Gehirn noch im „Vorbereitungsmodus“ und nicht im „Fahrmodus“.

Um diese Falle zu umgehen, haben erfahrene Piloten aus der Luftfahrt eine Methode übernommen: die mentale Checkliste vor dem Start. Es geht darum, bewusst einen mentalen Schalter umzulegen und die Vorbereitungsphase klar von der Fahrphase zu trennen. Erst wenn alle Punkte der Checkliste abgehakt sind, beginnt die Fahrt – ohne weitere Unterbrechungen.

  • Ausrüstung gesichert? Alle Reißverschlüsse, Gurte und Taschen sind kontrolliert und geschlossen.
  • Maschine geprüft? Ein kurzer Blick auf Reifen, Bremsen und Lichter.
  • Kopf frei? Die To-do-Liste ist abgeschlossen. Der Fokus liegt jetzt zu 100 % auf der Straße.
  • Der Kaffee-Puffer: Plane die erste Pause bewusst nach maximal 30 Minuten fest ein. Das entschärft den Drang, „nur noch schnell“ etwas erledigen zu wollen.
  • No-Go-Mentalität: Die ersten 15 Minuten werden bewusst defensiv und mit erhöhter Aufmerksamkeit gefahren. Kein Überholen, kein Zeitdruck.

Live-Tracking teilen: Wie beruhigst du die Familie, ohne ständig anzurufen?

Eine lange Tour, besonders bei schlechtem Wetter, kann für die Familie zu Hause eine Nervenprobe sein. Die Sorge führt oft zu häufigen Anrufen, die dich als Fahrer nicht nur ablenken, sondern auch unter Druck setzen. Ständig auf das Handy zu schauen ist gefährlich und unterbricht den Fahrfluss. Glücklicherweise gibt es heute smarte Lösungen, um Angehörige zu beruhigen, ohne die eigene Sicherheit zu kompromittieren: das Teilen des Live-Standorts.

Moderne Apps ermöglichen es, einen Link zu versenden, über den die Familie deine aktuelle Position und Route in Echtzeit auf einer Karte verfolgen kann. Das schafft enorme Transparenz und beruhigt, da sie sehen, dass du dich bewegst und alles in Ordnung ist. Bei der Auswahl der richtigen App für Deutschland spielen jedoch nicht nur Funktionen eine Rolle, sondern vor allem der Datenschutz nach DSGVO-Standards.

Für eine fundierte Entscheidung ist ein Vergleich der gängigsten Optionen unerlässlich. Wichtige Kriterien sind neben der DSGVO-Konformität auch der Batterieverbrauch und die Fähigkeit, die Route auch bei kurzzeitigen Netzwerkausfällen weiter aufzuzeichnen (Offline-Funktion).

Tracking-Apps im DSGVO-Vergleich
App DSGVO-konform Offline-Funktion Batterieverbauch
Calimoto Ja, Server in EU Teilweise Mittel
WhatsApp Live-Standort Bedingt Nein Hoch
Glympse Ja Nein Niedrig

Neben der digitalen Vorsorge sollte die analoge Lebensversicherung nicht fehlen. Eine simple Karte kann im Notfall entscheidend sein.

ICE-Karte als analoge Lebensversicherung

Ein Motorradfahrer aus Bayern verunglückte 2024 bewusstlos auf der B20. Dank seiner ICE-Karte (In Case of Emergency) im Portemonnaie konnten Ersthelfer, die nach § 323c StGB zur Hilfeleistung verpflichtet sind, sofort seine Blutgruppe AB negativ identifizieren und seine Angehörigen kontaktieren. Die Karte enthielt auch einen entscheidenden Hinweis auf seine Penicillin-Allergie. Diese Information war für die Notfallbehandlung im Krankenhaus lebensrettend und zeigt, wie eine einfache, nicht-digitale Lösung maximale Sicherheit bieten kann.

Wie stellst du sicher, dass der Ellbogenschutz beim Aufprall nicht verrutscht?

Protektoren sind die stillen Helden deiner Ausrüstung. Du bemerkst sie kaum, aber im entscheidenden Moment müssen sie perfekt sitzen. Ein häufiges und gefährliches Problem ist das Verrutschen von Ellbogen- oder Knieprotektoren beim Aufprall. Was nützt der beste Level-2-Protektor nach EN 1621-1, wenn er im Moment des Sturzes neben dem Gelenk liegt, das er eigentlich schützen soll? Der perfekte Sitz ist keine Frage des Komforts, sondern der Funktion.

Die Ursache für das Verrutschen liegt oft in einer zu weiten Jacke oder Hose oder in schlecht konstruierten Protektorentaschen. Ein Protektor, der nur lose in der Kleidung hängt, wird durch die Aufprallenergie fast immer verschoben. Daher ist die Anprobe und der Sitztest der Schutzkleidung ein kritischer, aber oft vernachlässigter Schritt. Es geht darum, den Sitz nicht nur im Stehen, sondern in einer dynamischen, fahrtypischen Haltung zu überprüfen.

Tests von Fachmagazinen zeigen eine effektive Methode, um das Verrutschen drastisch zu reduzieren.

Der Doppel-Sicherheits-Trick in der Praxis

Tests belegen, dass die Kombination einer eng anliegenden Protektorenjacke unter einer abriebfesten Außenjacke das Verrutschen von Protektoren um bis zu 85% im Vergleich zu einzelnen Riemen-Protektoren reduziert. Besonders auf kurvigen Strecken wie den Moselschleifen bewährt sich diese Methode. Durch die doppelte Fixierung – einmal eng am Körper und einmal durch die Außenjacke – bleiben die Protektoren selbst bei ständigen Positionswechseln exakt dort, wo sie hingehören.

Um sicherzustellen, dass dein Schutz im Ernstfall auch wirklich schützt, solltest du bei jeder Anprobe ein festes Protokoll durchführen. Es dauert nur wenige Minuten, kann aber über die Schwere von Verletzungen entscheiden.

Dein Prüfprotokoll: Sitzt der Protektor bombenfest?

  1. Position in Neutralstellung: Der Protektor muss bei entspanntem Arm exakt auf dem Gelenkknochen sitzen.
  2. Test bei Beugung: Winkle den Arm stark an. Der Protektor darf dabei nicht spürbar nach oben oder unten wandern.
  3. Kombinationstest: Ziehe deine Motorradjacke darüber. Prüfe, ob es zu Lücken oder zu einer störenden Dopplung von Polstern kommt.
  4. Dynamischer Bewegungstest: Führe ca. 50 schnelle Armbewegungen (z. B. Beugen und Strecken) durch. Prüfe danach erneut die Position des Protektors.
  5. Norm-Check: Wähle immer Protektoren, die mindestens nach Level 2 der Norm EN 1621-1 zertifiziert sind, um maximale Schlagdämpfung zu gewährleisten.

Der Fehler bei der Heizungsnutzung, der die Reichweite um 40 % reduziert

Für Fahrer von E-Motorrädern ist der Winter eine besondere Herausforderung. Kälte reduziert nicht nur die Akkuleistung, sondern auch den eigenen Komfort. Die logische Konsequenz scheint die Nutzung von Griff- und Sitzheizung zu sein. Doch hier lauert eine Reichweitenfalle: Eine unüberlegte Heizungsnutzung kann die verfügbare Reichweite um bis zu 40 % reduzieren und eine geplante Tour abrupt beenden. Der Grund ist einfacher Stromverbrauch: Griff- und Sitzheizung verbrauchen laut Herstellerangaben oft zusammen rund 50W. Bei einem 12V-System entspricht das einer Dauerlast von über 4 Ampere, die direkt vom Fahrakku abgezogen wird.

Anstatt die Heizung auf höchster Stufe laufen zu lassen und sie bei gefühlter Überhitzung wieder auszuschalten, ist ein strategisches Heizmanagement weitaus effizienter. Der Schlüssel liegt darin, die Wärme gezielt und konstant dort einzusetzen, wo sie am dringendsten benötigt wird, und smarte Ladephasen zu nutzen.

E-Motorrad an Ladestation im Winter mit sichtbarer Wärmeabstrahlung

Ein intelligenter Ansatz kann den Komfort massiv erhöhen, ohne die Reichweite zu ruinieren. Es geht darum, die Physik zu nutzen, anstatt gegen sie zu kämpfen.

  • Vorkonditionieren am Ladekabel: Heize das Motorrad (Akku und Sitz) 15 Minuten vor Abfahrt vor, während es noch an der Ladesäule hängt. So startest du mit voller Wärme und vollem Akku.
  • Moderate Dauerstufe statt Intervall: Eine konstant laufende Heizung auf Stufe 1 verbraucht oft weniger Energie als das ständige An- und Ausschalten auf Stufe 3.
  • Priorität Griffheizung: Kalte Hände sind ein Sicherheitsrisiko, da sie die feine Kontrolle über Bremsen und Kupplung beeinträchtigen. Die Griffheizung hat daher Vorrang vor der Sitzheizung.
  • Heizung bei Ladestopps nutzen: Während das Motorrad an einer EnBW- oder Ionity-Säule lädt, kannst du die Heizung laufen lassen, um für die nächste Etappe warm zu bleiben.

Bei einem Strompreis von ca. 0,40 €/kWh kostet der Betrieb der Heizungen auf voller Leistung etwa 2 € pro 100 km zusätzlich. Ein kleiner Preis für Komfort, aber ein großer Faktor für die Reichweitenplanung.

Das Wichtigste in Kürze

  • Systemdenken statt Produktdenken: Dein Komfort hängt nicht von einem einzigen teuren Teil ab, sondern vom Zusammenspiel aller Schichten und Vorbereitungen.
  • Der innere Feind: Der eigene Schweiß ist oft problematischer als der Regen von außen. Aktives Feuchtigkeitsmanagement ist der Schlüssel.
  • Vorbereitung ist alles: Technische (Reifendruck) und mentale (Hektik) Fehler vor der Abfahrt sind die größten vermeidbaren Risiken und Komfortkiller.

Warum hilft Motorradfahren effektiv gegen Alltagsstress und Burnout?

Nachdem wir alle technischen und logistischen Hürden einer Regenfahrt gemeistert haben, stellt sich eine grundlegende Frage: Warum tun wir uns das alles überhaupt an? Die Antwort liegt in einer tiefen neurologischen Wirkung, die das Motorradfahren zu einem der effektivsten Mittel gegen den chronischen Stress der modernen Arbeitswelt macht. Es ist mehr als ein Hobby; es ist eine Form der aktiven Meditation.

Beim Fahren bist du gezwungen, im Hier und Jetzt zu sein. Du musst die Straße lesen, den Verkehr antizipieren, auf die Gewichtsverlagerung der Maschine reagieren und die Balance halten. Diese hohe Anforderung an die Konzentration lässt keinen Raum für grübelnde Gedanken über Arbeit, Termine oder Sorgen. Dieser Zustand der totalen Fokussierung, auch als „Flow“ bekannt, ist das exakte Gegenteil des mentalen Rauschens, das zu Burnout führt. Es ist ein erzwungenes Abschalten vom digitalen Dauerfeuer.

Diese Beobachtung wird auch von der Wissenschaft gestützt. Forscher haben die Gehirnaktivität von Motorradfahrern untersucht und bemerkenswerte Effekte festgestellt.

Motorradfahren erzwingt ein neurologisches ‚Hier und Jetzt‘ und wirkt als perfektes Mittel gegen die ständige Erreichbarkeit der deutschen Arbeitskultur.

– Dr. Ryuta Kawashima, UCLA Brain Research Study on Motorcycling

Dieser Effekt ist nicht nur ein Gefühl, sondern messbar. Die sogenannte „Feierabendrunde“ hat sich in Deutschland zu einem echten Anti-Stress-Ritual entwickelt.

Die Feierabendrunde als deutsches Anti-Stress-Ritual

Eine Studie unter 300 deutschen Motorradfahrern zeigte, dass regelmäßige 30-minütige Feierabendrunden durch lokale Kulturlandschaften, wie die Weinberge in Rheinhessen oder die Hopfengärten in der Hallertau, den Cortisolspiegel (ein primäres Stresshormon) um durchschnittlich 28 % senken. Die rhythmische Bewegung und die fokussierte Aufmerksamkeit aktivieren das parasympathische Nervensystem auf eine Weise, die den Effekten von Meditation sehr ähnlich ist.

Wende diese Prinzipien bei deiner nächsten Fahrt an. Betrachte die Vorbereitung nicht als lästige Pflicht, sondern als Teil des Rituals. So verwandelst du jede Fahrt – selbst die im Regen – von einer Notwendigkeit in einen bewussten Akt der mentalen Freiheit und Entspannung.

Geschrieben von Claudia Lang, Zertifizierte Motorrad-Sicherheitsinstruktorin und erfahrene Tourguide. Expertin für Fahrphysik, Ergonomie und Schutzkleidung mit über 300.000 km Erfahrung.